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Notizen & Neues 2015

Jacob Eckstein: Witwer mit vier Kindern und gut gehendem Geschäft

Veröffentlicht von Administrator (admin) am 20 Jan 2015
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Woher Jacob Eckstein stammte, ist noch unbekannt. Eine Verwandtschaft mit der Weisweiler jüdischen Familie Eckstein ist bislang nicht nachgewiesen. Seine erste Frau Adele geborene Blum, die Tochter eines Schuhmachermeisters, stammte aus Borken, vielleicht auch seine zweite Frau, Rosa geborene Blum. Denn es ist gut möglich, dass Rosa die Schwester von Adele war, die 1905 „nach kurzem, schwerem Krankenlager“ starb, wie es in der Todesanzeige im „Boten an der Inde“ stand. Laut Traueranzeige wurde sie nur 28 Jahre alt (siehe Abbildung). In der Sterbeurkunde steht: 29 Jahre.

Wahrscheinlich 1898 kam das jung verheiratete Paar Adele und Jacob Eckstein nach Eschweiler. Am 1. Januar 1899 übernahm Jacob Eckstein das Schuhgeschäft im Haus Judenstraße 12 a von dem vorigen Inhaber Louis Berg, der sich mit einem Totalausverkauf von seinen Kunden verabschiedet hatte. In seiner ersten Zeitungsanzeige am 7. Januar 1899 versprach Eckstein, in dem Geschäftslokal „Judenstraße gegenüber der Brücke“ seiner Kundschaft „nur das Allerbeste und Gediegenste an Schuhwaaren“ anzubieten, bei „streng reeller und aufmerksamer Bedienung“. Für alle bei ihm gekauften Schuhe leiste er „unbedingte Garantie“, und Reparaturen würden zum Selbstkostenpreis erledigt. Ein Schuhhaus für den gehobenen Bedarf, würde man heute wohl sagen, und ein erfolgreiches Handelsunternehmen. Die Eröffnungsanzeige ist unten abgebildet.

Ecksteins schnell wachsende Familie wohnte auch in dem Haus Judenstraße 12a. Das Ehepaar Adele und Jacob Eckstein bekam ziemlich kurz nacheinander vier Kinder, alles Söhne: Alfred * 13. September 1899, Erich * 28. März 1901, Herbert * 12. September 1902 und Hans * 4. März 1904.

Bald darauf, am 18. Juni 1905, einem Sonntag und dem Vortag eines fürchterlichen Unwetters, das über Stolberg und Eschweiler niederging, starb Adele Eckstein geb. Blum im Alter von 29 Jahren in ihrer Wohnung in der Judenstraße. Sie wurde auf dem Friedhof an der Talstraße beigesetzt, der Grabstein verschwand, wie alle anderen jüdischen Grabsteine auch, in der Nazi-Zeit. Jacob Eckstein stand nun als Witwer mit vier kleinen Kindern im Alter von einem bis fünf Jahren da. Er heiratete sehr schnell ein zweites Mal: Rosa Blum – vielleicht eine Schwester seiner ersten Frau. Mit ihr hatte er ein Kind, wieder war es ein Junge: Bruno Eckstein, der am 4. Mai 1907 zur Welt kam.

Nach fast einem Vierteljahrhundert, am 8. Mai 1923, verlegte Jacob Eckstein sein Geschäft zur Grabenstraße 35, das ist heute das Haus Grabenstraße 61, in dem sich bis 2007 noch ein Schuhgeschäft befand. Ab dem 16. Mai 1923 war er dort auch mit seiner Familie gemeldet. Den bisherigen Standort in der Judenstraße übernahm der Schuhhändler Lambert Boshof. Eckstein engagierte sich auch in der Eschweiler Synagogengemeinde; auf dem „Wahlvorschlag für die Vorstands- und Repräsentantenwahl der israelitischen Gemeinde“ 1926 stand er als Mitglied des dreiköpfigen Vorstands zur Wahl.

Am 2. März 1932, mitten in der Weltwirtschaftskrise, meldete sich die Familie aus Eschweiler ab und zog nach Köln. Da waren die fünf Kinder bereits erwachsen. Über sie ist wenig bekannt. Am meisten noch über den Erstgeborenen. Alfred Eckstein studierte Jura. Am 4. März 1928 verlobte er sich mit Edith Eichmann aus Remscheid. Aus der Verlobungsanzeige (siehe Abbildung) geht hervor, dass er damals von Beruf Gerichtsassessor war. Später lebte er in Gelsenkirchen. Dass er in der NS-Zeit nach Palästina emigrierte, wissen wir aus den Lebenserinnerungen des Julius Kaufmann-Kadmon, erschienen unter dem Titel „Vom Rheinland ins Heilige Land“. Der zwölf Jahre ältere Kaufmann berichtet dort, Alfred Eckstein habe nach dem Krieg als Bankvertreter in Tel Aviv gearbeitet. Und er habe – da kommt der Spötter in Julius Kaufmann durch – ausgesehen wie ein lebender Beweis für Darwins Abstammungslehre, also vermutlich affenartig stark behaart. Über den Vater Jacob Eckstein erzählte Kaufmann, dass er hervorquellende Augen gehabt habe. Die Anekdote findet sich in seinem von Eschweiler Geschichtsverein 2004 herausgegebenen Buch auf Seite 45: „Eckstein spielte regelmäßig mit Lehrer Schoemann und einem zu- und wieder weggezogenen Herrn Katz Skat. Schoemann hieß wegen seines reichlichen Haarwuchses Perückles, Katz wegen seiner Glatze Plato und Eckstein wegen seiner Basedowaugen Diaugenes.“

Von zwei anderen Söhnen Ecksteins, Hans und Bruno, ist bekannt, dass sie Kaufleute waren. Aus Meldeunterlagen geht hervor, dass Hans Eckstein 1927 in Amsterdam und in Nürnberg lebte, für Bruno sind die Stationen Solingen, Hamborn und Mülheim an der Ruhr belegt.

 

Die beiden Söhne Erich und Herbert, 1901 und 1902 geboren, sind nach Großbritannien emigriert. Ihre Namen sind in einer Kartei über Personen enthalten, die nach einer Prüfung von der Internierung befreit wurden. Danach wurde der Textilverkäufer Erich Eckstein, wohnhaft in dem Londoner Stadtbezirk Hampstead (21 Frognal, das Haus steht noch, siehe Foto) und nach seiner Flucht ohne Beruf, am 21. November 1939 aus der Internierung entlassen. Sein Bruder Herbert, bei dem die gleiche Adresse in Hampstead angegeben ist, war schon am 2. Oktober 1939 von der Internierung freigestellt worden. Sein Beruf, vor und nach der Flucht, wurde mit „Assayer“ angegeben, also wahrscheinlich Edelmetallprüfer, und zwar für die New Yorker Firma „Associated Metal and Minerals Corporation“.

 

Zuletzt geändert am: 03 Feb 2015 um 14:21:12

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